Quellgebiet des Dohnauer Baches |
Prosa Gedichte von Gerti Neuderth 1946 |
Treffen
zur Kerwa Haus
und Hof und Tier und Stall sind
nicht mehr - es war einmal. Menschen
aus der Fremde ziehn zu
dem alten Dorfe hin. Sie
erblicken stumm und starr wo
der Kindheit Wohnstatt war. Schweigend,
bebend sie verweilen:
Menschen
- die ein Schicksal teilen. Menschen
komnmen aus der Ferne auch
nach 50 Jahren gerne. Damals
wurden sie verstreut, und
sie treffen sich noch heut, treffen
sich voll großer Freude in
Pleidelsheim zur "Kerwa" heute.
Von
Ost und West und Süd und Nord kommen
sie an diesen Ort. Sie
sprechen von erlebter Last und
wie sie neuen Fuß gefaßt, und
die Fotoalben wandern von
dem einen zu dem andern. Der
alten Heimat noch verbunden, haben
sie ein Heim gefunden. Voller
Fleiß und voller Müh bauten
neue Häuser sie. Kinder,
Enkel wuchsen ran, was
man sich wohl denken kann, Und
sie fragen, wie es war
vor
ihrer Zeit, vor 50 Jahr. Neue
Heimat, neue Zeit, von
zu Hause weg so weit: Freunde,
Nachbarn und Verwandte, alle,
die man einmal kannte, sind
einander sich so nah, sind
zur "Kerwa" heute da. Trauernd
noch um ihre Lieben, ist
das eine doch geblieben: In
der Fremde treu verbunden, heilet
viele alte Wunden.
Gerti Neuderth 1995
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Die
Birke Es
ist schon lange Zeit vergangen, doch
ich kann sie nicht vergessen; ich
hab so kindlich dran gehangen: Eine
Birke ist's gewesen. Unter
ihren zarten Zweigen hatt'
ich ein Plätzchen mir gewählt. Mir
war's, als wäre sie mein Eigen. Sie
hat so manches mir erzählt.
Ich
hörte ihre Blätter rauschen, leicht
bewegt vom Windeswehn. So
versunken mußt ich lauschen; ich
konnte sie so gut verstehn. Ob
ich im Kummer zu ihr kam, ob
die Freude mich erquickte, ich
wußte, daß sie Anteil nahm und
verständlich dazu nickte. Und
wenn der Sturmwind heulte, braußte und
in seiner blinden Wut ihre
Zweige wild zerzauste,
war
auch stürmisch mir zumut. Und
kam der Herbst, um sie zu färben, gefiel
mir ihre bunte Pracht; mußten
Blätter fallen, sterben, hab
ich an's Sterben auch gedacht.
Der
Winter nahte, ach, und bald bekam
sie Eis und Frost zu spüren. Stand
meine Birke kahl und kalt, begann
auch mich zu frieren. Es
floß so manche Zeit dahin.
Mich
freute ihrer Blätter Grün und
ihr leuchtend weißer Stamm. Noch
manche Stund, noch manchen Tag war'n
Freunde wir in Glück und Leiden, doch,
wenn's auch noch so schmerzen mag, auch
gute Freunde müssen scheiden: Es
kam die Stunde, die ich nie vergessen. Einmal
noch zurück ich blickte nach
dem, was Heimat mir gewesen. Da
stand die Birke und - sie nickte. Der
Winter ging, der Frühling kam. |